Page 22 - Festschrift 100 Jahre Waidäcker
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100 Jahre Kleingartenverein „Waidäcker“

          Mit dem Kriegsende am 8. Mai 1945 begann sich auch eine neue Vereinsleitung zu
          konstituieren.  Im  Oktober  1945  trafen  die  „Waidäcker“  einander  wieder  zu  einer  er-

          sten  Sitzung.  Dabei  wurde  die  Wiedereinführung  des  alten,  beliebten  Namens  „Wai-
          däcker“  mit  den  alten  demokratischen  Statuten  beschlossen.  „Waidäcker“  ist  ein  be-
          reits  1366  urkundlich  erwähnter  Flurname.  Die  Waidäckergasse  ist  seit  1905  als
          solche benannt. Kollege Anton Mikusch, der bis 1934 Obmann und dann bis zu sei-
          nem  Tode  Ehrenobmann  des  Vereines  war,  stellte  sich  sofort  wieder  als  Funktionär
          zur Verfügung  und  hat  sich  um  den Wiederaufbau  des Vereinslebens  besondere Ver-
          dienste erworben. Die Nachkriegszeit stellte die Menschen vor kaum lösbare Probleme.
          Die Versorgung war schlechter als während des Krieges. Im Kampf gegen den Hun-
          ger wurde in den Gärten wie zuvor Gemüse angebaut. Doch selbst die Gemüsepflan-

          zen waren rationiert und man musste sich stundenlang um einige Pflänzchen anstellen.
                                                                 Jene  die    überlebt  haben  kommen

                                                                 auch in dieser neuen Epoche zurecht.
                                                                 Kleinen  und  mittleren  Nazi‘s  wurden
                                                                 bekanntlich, man wollte ja ihre Wäh-
                                                                 lerstimmen, von SPÖ und ÖVP in die
                                                                 neue Zeit geholfen. Sie wurden umge-
                                                                 hend  „entnazifiziert“.  Von  jüdischer
                                                                 Seite kam es lediglich zu einer einzigen
                                                                 Gartenrückforderung.  Ehrlicherweise
                                                                 muss hier festgehalten werden, dass die

                                                                 Vereinsleitung  diese  Forderung  nach-
                                                                 drücklichst  umsetzen  wollte.  Allein
                                                                 der neue Garteninhaber weigerte sich.
                                                                 Nach mehrjährigem Streit landete die
                                                                 Causa im Dezember 1949 vor Gericht.
                                                                 Die  Entscheidung,  welche  schlussen-
                                                                 dlich  beide  Parteien  akzeptierten  war
                                                                 folgende. Der neue Inhaber behält den
                                                                 Garten, der jüdische Vorpächter erhält
                                                                 vom Nachfolger eine Entschädigung in
                                                                 der Höhe von 1.100.- Schilling, sowie

                                                                 einen Garten im Verein.

              Bitte um Genehmigung der Satzung vor 1938

           Am 20. Oktober 1945 wurde Josef Noli zum Obmann bestellt. Der neue Obmann des
           immer noch auf die Bezeichnung „Alt Ottakring“ lautenden Vereines Josef NOLI suchte

           am 23. Oktober um die Wiedereinsetzung der alten Statuten, vor März 1938, an. Mit
           Rücksicht auf seine Erkrankung musste er bereits am 13. April 1946 die Führung des
           Vereines an Kollegen Hans Mantsch übergeben


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