Page 26 - Festschrift 100 Jahre Waidäcker
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100 Jahre Kleingartenverein „Waidäcker“


          Im Dezember 1949 endet der Rechtsstreit zwischen einem von den Nazis enteigneten Mit-

          glied sowie dessen von den Nazis bestimmten Gartennachfolger echt österreichisch. Im
          Vergleich bleibt der Pächter im Istzustand und muss dem Vorpächter 1100.- Schilling Inve-
          stitionsablöse zahlen. Dieser wiederum erhält ein Gartenlos im Verein und der Verein ein
          neues Problem. Das neue (alte) Mitglied hält Hunde (die Zahl ist nicht eruierbar) welche,
          laut Protokoll vieler Folgejahre, ständig zu Beschwerden wegen Lärmerregung an den Ver-
          ein führten.

          Die  Nachkriegsjahre  des  zweiten  Welt-            Der Schleichhandel, also der verbotene Le-
          krieg  gleichen  jenen  des  Ersten.  Es  gab        bensmittelverkauf ohne „Marken“, blühte.
          Hunger,  Mangel  an  Heizmaterial  sowie             Es gab alles wenn man den, oftmals bis zu
          an  Ersatzteilen  und  Medikamenten,  In-            100  fachen  Preis  zahlen  konnte!  Kinder
          valide  verstörte  Heimkehrer.  und  vieles          starben an Typhus (auch meine Schwester),
          mehr.  Noch schlimmer als 1945, also dem             einer  leicht  heilbaren  Infektionskrankheit,
          Kriegsende, waren, wie nach dem Ersten,              da  es  Penicillin  nur  am  unbezahlbaren

          die Folgejahre 1946-1948.                            Schwarzmarkt  gab.  Der  Film  „Der  dritte
                                                               Mann“, ein Klassiker, zeigt diese Zeit!

          Im März 1953 übernahm Kollege Franz
          Hermann die Führung des Vereines. Er
          erlebte  eine  neue  Blütezeit.  Die  Gast-
          hauskonzession wurde auf warme Spei-
          sen  erweitert.  Eine  neue  Kühlanlage

          wurde errichtet und die Küche renoviert.
          Der  Ansturm  der  Gäste  erforderte  die
          Vergrößerung  der  Schank.  Das  Schutz-
          haus  der  „Waidäcker“  wurde  das  Erste
          in  Wien,  dass  einen  Anschluß  an  das
          Stadtgas erhielt. Doch auch zu jener Zeit
          hat sich die Kameradschaft bewährt und
          so manche schöne Veranstaltung wurde
          durch  die  Mitglieder  gestaltet  und  er-

          folgreich durchgeführt. So gab es viele
          Jahre  hindurch  ein  beliebtes  Mandoli-
          nenorcherster. und wurden immer wieder
          Erntedankfeste  mit  einem  sogenannten
          „Almabtrieb“,  bei  dem  die  Mitglieder
          durch die Anlage zogen, unter reger Teil-
          nahme  durchgeführt.  Angeführt  wur-
          de dieser Umzug, nein nicht durch den
          Obmann, sondern von zwei Mitgliedern
          in  einem  Lebensgroßen  Kuhkostüm.




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