Page 6 - Festschrift 100 Jahre Waidäcker
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100 Jahre Kleingartenverein „Waidäcker“



             100 Jahre „Waidäcker“   ̶   Chronik  ̶   Am Anfang stand die Not




          Die Kriegsjahre des ersten Weltkrieges 1914  ̶  1918 brachten unendliche Not für die Men-
          schen. Vor allem die mangelnde Lebensmittelversorgung machte ihnen zu schaffen. Schon
          Jahre zuvor war die Versorgung des Proletariats so schlecht gewesen, dass es am 17. Sep-
          tember 1911 vor dem Wiener Rathaus zu einer „Teuerungsdemonstration“ der Arbeiter
          kam. Damals schoss das Militär auf die demonstrierenden Arbeiter. Es gab drei Tote.


          Einer war Franz Joachimsthaler. Auch mehr als 90 Verletzte waren zu beklagen. Der Joach-
          imsthalerplatz in Wien Ottakring erinnert an dieses furchtbare Ereignis. Immer dringender

          wurden im fortschreitenden 1.Weltkrieg die Bemühung den Hunger der Bevölkerung zu
          stillen. Brachliegende Gründe mussten zum Anbauen von Gemüse und Kartoffeln oder
          auch zur Kleintierhaltung für die Bevölkerung gefunden werden. Dabei hatte die Kleingar-
          tenbewegung, von Deutschland ausgehend, eigentlich als „Gesundheitsgärten“ begonnen.


                                                          Die  Geschichte  der  Kleingartenbewegung  ist
                                                          untrennbar mit der Verschlechterung von Wohn-
                                                          verhältnissen  im  19.  Jahrhundert  verbunden.
                                                          Die Industrie holte die Menschen in die Städte.
                                                          Und  dort  schlug  der  unbarmherzige  Marktme-
                                                          chanismus von Angebot und Nachfrage zu. Die
                                                          Nachfrage  trieb  Grundstückpreise  wie  Mieten

                                                          in  schwindelerregende  Höhen,  der  verdichte-
                                                          te  Hochwohnungsbau,  vulgo  die  Zinskaserne,
                                                          begann  das  Stadtbild  zu  prägen.  Europäische
                                                          (Klein-) Städte wuchsen in wenigen Jahrzehnten
                                                          zu modernen Großstadtgebilden. Die Folgen für
                                                          die Wohnqualität: Von 100 Berliner Wohnungen
                                                          mit zwei Zimmern und Küche fielen damals 70
                                                          in die Kategorie „lichtlose Hinterhofwohnung“,
                                                          von den sanitären Verhältnissen ganz zu schwei-

                                                          gen. Die katastrophale städtebauliche und sozi-
                                                          ale Entwicklung gab dem Leipziger Arzt Dr. Da-
                                                          niel Moritz Schreber (1808  ̶  1861)  zu denken.
          Quelle: de.wikipedia.org


          Schreber wollte den Schaden für die Volksgesundheit durch gesunde Bewegung im Grünen
          begrenzen. Seine Gesundheitsgärten waren eigentlich für Kinder und Jugendliche gedacht.
          Schreber erlebte den Triumph seiner Idee nicht mehr. Er starb am 10. November 1861 an

          einer nicht erkannten Blindarmentzündung.


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